Das Geld, das wir täglich zwischen uns hin und her schieben oder auf unserem Sparbuch liegen haben, wurde zu einem früheren Zeitpunkt von irgendjemanden in den Umlauf gebracht. Geld drucken darf nicht jeder. Anders als Weizen, können wir nicht selber Geld anbauen, wenn wir gerne mehr davon hätten.
„If you want more wheat you can go out and raise wheat… but if the people want more money they cannot bring money into existence“
William Jennings Bryan im 19 Jahrhundert (zitiert in Ingham 2004, 8).
Wer unerlaubt Geld schafft, darf mit einigen Jahren an einen Ort rechnen, wo kein Geld gebraucht wird. Doch wer hat das Recht, Geld zu schaffen? Woher kommt unser Geld?
Man kann grundsätzlich zwischen 2 Gruppen unterscheiden: Es gibt Geld-Herausgeber (englisch: money issuers) und Geld-Benutzer (englisch: money users). Ein Geld-Herausgeber hat andere Machtbefugnisse als ein Geld-Benutzer. Er kann Steuern oder Bußgelder setzen und hat die Kraft diese (zur Not mit Gewalt) durchzusetzen (Graeber 2011). Er ist nicht von einer bestimmten Menge an Geld limitiert. Was ihn begrenzt sind die Menge an Ressourcen, die in seiner Währung erworben werden können (Feinig 2022, 3). Ein Geld-Benutzer, wie Sie und ich, können diese Unterscheidung nicht als neues Mantra übernehmen. Für uns hat ein unausgeglichener Haushalt harte Konsequenzen.
Unsere Rechtsordnung kann das Recht der Geldschöpfung an unterschiedliche Institutionen verleihen (Feinig 2023). Heute haben unsere Staaten zum großen Teil das Recht an eine profitorientierte Institution gegeben: die Bank in ihrer Nähe.
Wenn Sie die Bank als private Institution klassifizieren, die laut den Gesetzen des freien Markt handelt, falsch gedacht. Ähnlich wie ein Wirtshaus, ist die Bank abhängig davon, dass die Öffentlichkeit ihr zuerst eine Banklizenz verleiht — und später nicht wieder wegnimmt. Doch anders als ein Wirtshaus, braucht die Bank gleichzeitig die rechtliche Infrastruktur des Staates, in der ihr Giralgeld als Geld funktionieren kann (Feinig 2023).
Während sich die Ökonomen an den Universitäten noch darüber streiten, wissen Banker und deren IT Spezialisten, woher das Geld auf Ihrem Bankkonto stammt (McLeay et al. 2014, Bundesbank 2017). Heute wird über 95% unseres Geldes nicht mehr vom Staat in einer Druckerei gedruckt (Ryan-Collins et al. 2012): Es wird von den Banken “geschöpft”, wenn sie sich entschließen Ihnen oder einer Firma Geld zu leihen und die entsprechenden Zahlen in einen Computer eintippen. Das ist der spezielle Privileg der Banken, das ihnen im Pauschal-Paket mit der Banklizenz verliehen wird.
Der Unterschied zu Ihnen und mir: die Bank kann einen Kredit vergeben ohne davor einen Euro zu besitzen. Das Geld auf Ihrem Sparbuch brauchen sie dafür nicht. Durch die moderne Form der doppelten Buchführung können sie das Geld einfach in Existenz zaubern. Das klingt Ihnen zu magisch?
Wie das funktioniert ist eigentlich simpel. Werfen wir also einmal ein Blick in den Computer, wenn die Bank einen Kredit vergibt: Nehmen wir an, Sie möchten sich von der Bank €10.000 leihen, um eine neue Firma zu gründen. Sie gehen zu Ihrer Bankberaterin und beten um ein Darlehen. Wenn Sie nicht mit ihr befreundet sind, werden Sie wahrscheinlich zuerst skeptisch empfangen. Bevor sie einwilligen kann, müssen Sie ihr versichern, dass Sie ihr versichern, dass Sie das Darlehen inklusive Zinsen und Zinseszinsen im Laufe der nächsten Jahre vollständig zurückzahlen können, auch wenn Ihre geniale Idee nicht klappen sollte. Wenn Sie überzeugend sind und das Vertrauen ihrer Bankberaterin gewinnen, dann werden Sie einen Vertrag unterschreiben und Ihre Bank wird folgendes in die Bilanz der Bank eintragen:
Assets | Liabilities |
(Was der Kreditnehmer der Bank schuldet + Zinsen) | (Was die Bank dem Einlagenkunden (inklusive dem Einlagenkonto des Kreditnehmers) schuldet) |
+ € 10.000,00 | + € 10.000,00 |
Ihnen stehen jetzt €10.000 zur Verfügung, die Sie an ihre Lieferanten überweisen können (auch Giralgeld genannt). Für Sie — und die Bank — bedeutet das 2 Dinge: Zum einen steigert der Vorgang Ihr Vermögen, für die Bank aber eine Haftung: Sie muss Ihnen diese €10.000 schließlich auf Ihr Verlangen auszahlen — und Bargeld drucken kann sie nicht. Doch gleichzeitig schulden Sie der Bank ab jetzt €10.000: ein neuer Vermögenswert für die Bank. Die Bilanz der Bank ist ausgeglichen — nur ihr Gesamtwert ist gewachsen. Dies führt zu einer Bilanzverlängerung. Wenn der Kredit zurückgezahlt wird, beobachten wir eine Bilanzverkürzung. Wenn Giralgeld geschaffen wird findet bloß ein reiner Bilanzbuchungsakt statt. Giralgeld wird deshalb auch Buchgeld genannt.
Warum ist das private Kredit-Geld (Giralgeld) der Banken “Geld”? Der Ökonom Hyman Minsky erklärte, dass privates Kredit-Geld der Banken Wert hatte, weil es benutzt werden konnte, um Schulden mit den Banken und dem Staat zu begleichen. Er fokussiert sich also nicht auf Geld als Tauschmittel, sondern auf Geld als Zahlungsmittel — “zur Tilgung von Verpflichtungen” (Wray 1998).