„Aber wie sollen wir das bezahlen?“, lautet die Antwort auf die meisten Vorschläge zum Klimaschutz oder zur Erhaltung der biologischen Vielfalt. Die Antwort, die wir am häufigsten hören, ist, dass wir die Steuern erhöhen könnten, zum Beispiel durch CO2-Steuern oder eine höhere Besteuerung der Reichen. Was aber, wenn wir die Steuern nicht erhöhen müssen, um irgendeine Art von Klimaschutz oder Artenschutz zu finanzieren?
Die spezielle Macht des Staates
Das lehrt uns die Schule der Modern Monetary Theory (MMT). Wenn ich Ihnen Geld für einen Tesla schulde, den ich angeschafft habe, um meinen ökologischen Fußabdruck “zu verringern”. Dann ist die Frage „Wie willst du den bezahlen?“ sehr vernünftig. Wenn ich das Geld nicht aufbringen kann, können Sie vor Gericht ziehen und mich in den Bankrott treiben und mich vielleicht sogar ins Gefängnis schicken. Wir sind Geld-Nutzer (money user).
Ein Staat mit monetärer Souveränität ist dagegen ein Geld-Emittent (money issuer). Ein Staat ist kein Haushalt, der mit Geld „haushalten“ muss. Ein Geldemittent versorgt die Geldnutzer mit seinen Zahlungsmitteln, indem er mit ihnen bezahlt und dann die Nutzer zwingt, Steuern oder Bußgelder in derselben Einheit zu zahlen (Feinig 2022, 3; Graeber 2011; Forstater 2005). Das muss kein Staat sein (Desan 2014).
Da er die Token selbst ausgibt, die in seinem Hoheitsgebiet verwendet werden, muss er nicht darauf warten, dass ihm genügend Tokens zugeflossen sind bevor er sie ausgeben kann. Vielmehr gibt er sie aus bevor sie ihm zufließen könne.
Einem Staat können weder die Tasten noch das Papier ausgehen (das gilt jedoch nicht für lokalen Regierungen, die Steuern erheben müssen, um das Geld zu beschaffen, das sie ausgeben wollen, wenn sie nicht genug von der nationalen Regierung erhalten. Es gibt einen Unterschied zwischen nationalen Regierungen, die ihre eigenen Währungen ausgeben, und den Regierungen, die kein eigenes Geld emittieren.).
MMT weist uns darauf hin, dass die Frage „Wie wollt ihr das bezahlen?“ keine vernünftige Frage an einen Geldemittenten ist. Indem man Geld ausgibt, versteht sich. „Allein die Ressourcen, die die Marktteilnehmer in der Währung des Emittenten zum Kauf anbieten, schränken das ein, was er kaufen kann, und damit die Art und den Umfang der Projekte, die er durchführen kann“, erklärt Jakob Feinig (Feinig 2022, 3).
Führt das Drucken von Geld nicht zur Inflation?
Würde das keine Inflation auslösen? Nein. MMT versucht, einen Unterschied deutlich zu machen, der normalerweise nur in Kriegszeiten sichtbar wird, wie Keynes in seinem Buch How are we going to pay for the war? deutlich macht. Wir sollten mit realen Ressourcen haushalten — nicht mit Geld. Im Kampf gegen den Klimawandel wird dieser Unterschied wieder entscheidend: Wir sollten mit Energie und Ressourcen haushalten — nicht mit Geld.
Und warum? Der Staat braucht Ihre Steuern nicht, um für irgendetwas zu bezahlen. Wenn der Staat für etwas bezahlen will, gibt er das Geld aus, das er braucht. Die Steuern kommen hinterher.
Wir könnten Steuergelder verbrennen
Das mag zunächst absurd klingen. Aber die Geldnutzer in den frühen Kolonien der USA waren sich dieser Tatsache durchaus bewusst, wie Jakob Feinig in seinem Buch Moral Economies of Money darlegt. In Versammlungen stimmten sie über einen bestimmten Geldbetrag ab, der für die Gemeinschaftsarbeit ausgegeben werden sollte. Gleichzeitig beschlossen sie, wie dieses Geld durch Steuern wieder eingetrieben und dann öffentlich verbrannt werden sollte.
Wenn der Geldemittent, wie die Siedlungen in den jungen USA, Steuergelder verbrennen kann, wird klar, dass der Geldemittent unsere Steuern nicht benötigt, um Ausgaben zu tätigen. Sie haben einen ganz anderen Zweck.
Haushalte Ressourcen, nicht Geld
Daher ist die Frage, welche Steuern wir erhöhen müssen, um den Klimaschutz zu finanzieren, möglicherweise nicht nur nicht erforderlich, sondern auch kontraproduktiv. Stattdessen könnten Sie das nächste Mal, wenn jemand versucht, Sie mit dieser Frage zu beeindrucken, darauf hinweisen, dass Geld keine begrenzte Ressource ist. Stattdessen sollten wir anfangen, Geld als ein soziales Verhältnis zu betrachten, das unbegrenzt vorhanden ist.
Der Staat kann so viel oder so wenig Geld ausgeben, wie er will. Was die Höhe der Inflation und den Betrag, den der Staat ausgeben will, bestimmt, ist die Menge an realen Ressourcen in der Wirtschaft.
Warum? Solange einige Ressourcen brachliegen und es ungedeckte Bedürfnisse in der Gemeinschaft gibt, kann die Gemeinschaft diese Ressourcen gemeinsam einsetzen, indem sie Geld ausgibt, z. B. durch den Staat. Wie Mariana Mazzucato fragt: Konnten wir jemals einen Krieg nicht führen, weil kein Geld da war? Erst wenn wir einen Punkt erreichen, an dem alle Ressourcen in einer Wirtschaft belegt sind, beginnt der Staat mit den anderen Wirtschaftsteilnehmern zu konkurrieren und den Preis in die Höhe zu treiben. Nach Ansicht der MMT-Wissenschaftler sind wir von diesem Punkt weit entfernt (die einzige Zeit, in der die USA jemals in die Nähe dieses Punktes kamen, war laut Randall Wray während des Zweiten Weltkriegs).
Die Frage ist natürlich, ob wir uns diesem Punkt weiter nähern möchten. Da bei allen wirtschaftlichen Prozessen Verschwendung entsteht (Georgescu-Roegen 1971), bedeutet dies nicht, dass wir alle Ressourcen nutzen sollten, sondern fordert uns vielmehr auf, die Menge der Ressourcen, die wir benötigen, genauer zu bestimmen.
(Es ist ein anderes Thema, dass wir darauf achten müssen, zwischen den realen Ressourcen in unserer Wirtschaft und jenen zu unterscheiden, die wir uns durch globale Preisunterschiede und asymmetrischen Austausch angeeignet haben. Eine klarere Unterscheidung zwischen Geld und Ressourcen kann aber vielleicht auch dazu beitragen, diesen asymmetrischen Austausch besser sichtbar zu machen.)
Warum dann Steuern zahlen?
Wenn der Staat unsere Steuergelder nicht braucht, um irgendwelche Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren, warum schaffen wir dann nicht alle Steuern ab? Schließlich zahlt niemand gerne Steuern. Doch Steuern erfüllen trotzdem einen Zweck.
Steuern sind der Mechanismus, mit dem der Staat die Nachfrage nach seinem Geld schafft. Steuern werden zur Regulierung der Geldmenge eingesetzt. Durch die Besteuerung wird das für Steuern ausgegebene Geld wieder aus dem Verkehr gezogen. Steuern können auch dazu beitragen, soziale Ziele zu erreichen, wie etwa eine Zigarettensteuer oder eine Kapitalertragssteuer für Reiche.
Die Vermischung dieser beiden Themen kann sogar gefährlich sein, erklärt Randall Wray. Niemand will eine Steuererhöhung zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen, also wird es Widerstand geben. Dabei müssen wir niemanden besteuern, um den Klimawandel zu finanzieren.
Stattdessen befreit uns die MMT von der „Steuer-vor-dem-Handeln“-Debatte. Wir können die Reichen besteuern, weil die Mehrheit findet, dass sie zu reich sind und wir können Geld für die Maßnahmen ausgeben, die notwendig sind, um unseren Energie-und Materialverbrauch zu reduzieren, falls die Mehrheit den Klimawandel aufhalten möchte.
Neue Frage: Was muss getan werden?
MMT lehrt uns: Wenn das Problem Geld ist, dann ist es kein echtes Problem. Die Erschwinglichkeit von Klimaschutzmaßnahmen sollte von den verfügbaren Ressourcen und sozialer Gerechtigkeit abhängen. Geld sollte nicht die Grenzen unseres Handelns bestimmen.
Es ist vielleicht an der Zeit, die Frage „Was können wir uns finanziell leisten?“ durch die Frage zu ersetzen „Was muss getan werden, um unseren Energie- und Ressourcenverbrauch zu reduzieren?“. Wenn dies erfordert, dass wir als Gemeinschaft mehr Geld ausgeben, dann können wir mehr ausgeben.