//

Gewinnt die Bank immer?

Eine Buchrezension von Gerhard Schick „Die Bank gewinnt immer: wie der Finanzmarkt die Gesellschaft vergiftet.“ Frankfurt: Campus Verlag, 2020.

1 min read

Es ist an der Zeit, dass wir die Finanzthemen nicht mehr den Experten überlassen, meint der ehemalige Abgeordnete der Grünen, Gerhard Schick. Er gab 2018 seinen Stuhl im Bundestag auf und gründete im selben Jahr die Organisation „Finanzwende, um ein Gegengewicht zu der Finanzlobby zu stellen. Denn während der Finanzsektor mit einem Wuchergestrüpp an Interessenvertretungen der Politik in fachlichen Fragen half, galt bei der Zivilgesellschaft und PolitikerInnen noch das Motto “Über Geld spricht man nicht”. Das führte laut Schick dazu, dass alle Reformideen für das Finanzsystem nach der Finanzkrise so lange mit Wasser verdünnt wurden bis eine wirksame Medizin zu Homöopathie ohne Wirkung wurde — und so gewinne die Bank heute noch immer.

Schick schildert in 9 Kapiteln, wie die Finanzindustrie vorgeht und nimmt den Leser mit auf eine Reise durch eine Reihe von Skandalen des letzten Jahrzehnts, für welche unsere Banken verantwortlich gemacht werden. Er erklärt wie Deutschlands Banker Geld waschen und mit ihren Services illegale Geschäfte fördern oder wie durch die Provisionszahlungen von Versicherungs- und Anlagenverkäufern falsche Anreize geschaffen werden, von denen nur die Banken profitieren. Er versucht dem Leser zu zeigen wie die Finanzbranche es geschafft hat, Wohnen in vielen Städten Deutschlands unbezahlbar zu machen, oder wie sie die Armen mit Zinsen oder Geierfonds dazu überredet, von ihrem geringen Einkommen noch etwas an die Reichen abzugeben und wie Datenkraken wie Facebook oder Blackrock versuchen, den Finanzmarkt sich zu unterwerfen.

In dem vergleichsweise kurzen Kapitel 6 warb Schick für eine ökologische Finanzwende: Denn die Finanzwelt finanziert noch immer dreckige Projekte, die sich nicht mit dem 1.5 Grad Ziel vereinbaren lassen — sie peilen eher ein 4 Grad Ziel an, wenn es nach ihren aktuellen Handlungen und Zielsetzungen geht. Selbstverpflichtungen alleine reichen nicht argumentiert Schick. Es brauche klare Regeln und umgreifende Offenlegungspflichten, die letztendlich auch zu Nachhaltigkeitswissen bei den Bankberatern in der Filiale nebenan führen und ebenso  die Vorstände der großen Banken in die Pflicht nehmen. Schick veröffentlichte das Buch vor Erscheinen der EU Taxonomie, von der er sicher enttäuscht wäre. Doch er ruft schon damals dazu auf, nicht auf die EU zu warten. Die öffentlichen Finanzdienstleister, wie die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), sollten den Weg voranschreiten und ihr Geld dafür einsetzen, den Klimaschutz anzukurbeln — mit deutlichen Anlagekriterien, die auch in der Praxis schmutzige Projekte ausschließen.

Neueste Artikel

Der Geld-Zwang

Dass das “System” heute absolute Reduktionen im Energie-und Materialverbrauch verhindert, sagt uns nicht viel. Deshalb will…

Ein garantierter Job

1933 dokumentierte eine Gruppe von Soziologen von der Universität Wien in dem zum Klassiker gewordenen Die…

Was ist Kapital?

Jeder kennt das Kapital. Hat Marx damit doch vor 150 Jahren unsere Bücherregale beschwert. Wenn wir…

Debt vs Equity

Fritz ist der Meinung, dass er im Besitz einer genialen Business-Idee ist. Er möchte ein Auto…

Abstraktion vs Empathie

Wenn man Wirtschaftskriminelle mit ihren Opfern konfrontiert, brechen viele von ihnen zusammen (siehe Why they do…