Der Green New Deal ist zwar eine tröstende und hoffnungsfrohe Narrative.
Doch der Anthropologe Professor Alf Hornborg zweifelt daran, ob dieser Deal auch nicht-reichen Ländern außerhalb des globalen Norden offen steht. Die Materialen und Energie für den Großausbau der Infrastruktur müsse irgendwo herkommen. Warum können wir uns diese aneignen? Das Kapital, das wir dazu verwenden, entspringe dem fossilen Energieverbrauch unserer Maschinen.
Die Nettoressourcenströme zu uns werden erst dann sichtbar, wenn wenn man den Vorhang des Geldes hochzieht und sich auf die Ströme von Arbeitsstunden (Arbeit), Bodenfläche (Land), Joules (Energie) und Tonnen an Ressourcen (Materie) fokussiert, erklärt Hornborg. Frachtschiffe transportieren schließlich nicht Geld, sondern Ressourcen, in denen Arbeit, Energie, Land und Materie steckt. Hierdurch sieht er eine Asymmetrie, die als “ökologisch ungleichen Austausch” bekannt ist.
Ohne moralische Bewertung
Ungleicher Tausch bedeutet lediglich asymmetrisch, macht Hornborg deutlich. “Ob es auch ungerecht ist, bleibt der moralischen Bewertung des Lesers überlassen.”
Fortschritt oder Verschiebung?
Aus diesem Blickwinkel wird auch deutlich, dass die Errungenschaften der Technik einzeln analysiert werden müssen, um zu sehen, ob hinter ihnen vielleicht nur eine Verschiebung physischer Grenzen steckt.
Zeit-Raum-Aneignung
Aufgrund globaler Preisunterschiede werden ständig höchst ungleiche Mengen an Raum (Ressourcen) und Zeit (Arbeit) auf der ganzen Welt gehandelt. Moderne Technik erlaubt den Menschen, die die Technik besitzen, lokal Zeit und Raum zu sparen — zu Lasten von denen, die sich die Technik nicht leisten können. Hornborg nennt diesen Prozess „Zeit-Raum-Aneignung“. Aus dieser Sicht dienen Geld und Technologie soziale Arrangements, die es einigen Menschen ermöglichen, mehr Energie zu verbrauchen als andere. Viele Menschen erkennen, dass die Menge an Energie, die der Einzelne verbrauchen kann, zwischen und innerhalb von Ländern stark variiert. Dass Geld ein Werkzeug ist, “um Energie über Zeit und Raum zu transportieren” sehen auch Technikbegeisterte, wie der Unternehmer und Bitcoin Investor Michael Saylor.
Entwicklung für alle möglich?
Nach Ansicht des Harvard Ökonoms Dani Rodrik zeigen die Statistiken, dass Wachstum und Produktivität eines Landes vor allem dann nachhaltig angekurbelt werden, wenn ein Land sich von der Extraktion von Rohstoffen abnabelt und auf den Ausbau seiner Industrie setzt, wie von Südkorea exemplifiziert. Doch dies wirft die Frage auf, ob wirklich allen Ländern “Entwicklung” offen steht. Ist Industrie in manchen Ländern nur möglich, weil sie von anderen Ländern, die noch Extraktion betreiben, die nötigen Rohstoffe zu günstigen Preisen erhalten?
Wird Entwicklung für alle Länder möglich, wenn es Elon Musk gelingt, seine Träume zu verwirklichen und den Mars zu besiedeln? In der Tat scheint er zu erkennen, dass eine Gruppe von Menschen ihren modernen Lebensstil nur aufrechterhalten kann, wenn wir unseren Ressourcenbedarf auf einen anderen Planeten auslagern. Wenn auch nur implizit versteht er: Alles nutzbare Land auf der Erde wurde kolonisiert, jetzt müssen wir anderswo nach Land suchen, das wir verbrauchen können.
Die zwei Aufgaben des Geldes
“Die globalen Bewegungen von Gütern und Umweltschäden sind zwei Seiten ein und derselben Medaille, die dem globalen Norden sowohl Quellen für neue Ressourcen als auch Auffangbecken für seine Stoffwechselabfälle bieten.”
Alf Hornborg
Wir nutzen Geld für zwei Aufgaben: Es erlaubt manchen Menschen mehr Zeit und Platz zu beanspruchen als andere. Gleichzeitig verschleiert es den asymmetrischen Ressourcenfluss und erleichtert damit ihr Gewissen. Geld täuscht uns einen gerechten Welthandel vor — und wahrscheinlich sind wir dankbar dafür.
„Nur wenn wir gleichzeitig über den Fokus auf die nationale Wirtschaft hinausgehen und die materiellen Aspekte des Welthandels anerkennen, können wir den globalen soziometabolischen Kontext der Maschine erkennen.“
Alf Hornborg
Wie stoppen wir ökologisch ungleichen Austausch? Indem wir Geld neu entwerfen. Davon ist der Anthropologe Alf Hornborg heute überzeugt.
Lesen Sie den ganzen Artikel zu Ökologisch Ungleichen Austausch hier oder erfahren Sie hier noch mehr zum Thema und lesen Sie das ganze Portrait über Professor Alf Hornborg.