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Die ersten Banken

Nahezu alle Formen des Bankgeschäfts gibt es schon 3000 Jahre vor Christus. Warum entstanden die ersten Banken?

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Credits: Hunters Race

Die ersten Banker lebten schon vor mehr als 3000 Jahren v. Chr. in Mesopotamien und Ägypten — und waren Beamte in den Tempeln und Königspalästen. Banker waren seit ihrer Berufung „die Finanzdienstleister des Staates“ (Innes 1913: 399). 

Karte von Mesopotamien

Schlüsselbegriff: Schulden

Historiker gehen davon aus, dass sich eine öffentliche Verwaltung in Mesopotamien entwickelte, als die Bevölkerung zu umfangreich, die Städte zu groß wurden, sodass es für viele Menschen unmöglich wurde, den Überblick über alle Beziehungen untereinander zu behalten. Tempel und Paläste entstanden. Die Tempel waren der Mittelpunkt des ökonomischen und des religiösen Lebens der mesopotamischen Bevölkerung. Sie sollten helfen, den Überblick darüber zu behalten, wer was wem wann schuldete und zentralisierten die Verteilung der Ernte. Der Handel war für die damaligen Menschen von geringfügiger Bedeutung. Die meisten Zahlungen und Abgaben waren Steuern oder Mieten an die Tempel und Paläste (Goldsmith 1987, Ingham 2000). Die Menschen zahlten am Anfang vor allem ihr Getreide bei den Tempeln ein, später auch viele andere landwirtschaftliche Produkte, wie Kühe. 

Abgaben an Tempel wurden standardisiert

Um den Überblick über die Schuldbeziehungen und Abgaben zu behalten, reichte es nicht, die Schulden zu dokumentieren (der Ursprung unserer Schriftsprache liegt, wie viele vermuten, in der Babylonischen Buchhaltung. Die ersten Texte waren Listen „von Vieh und landwirtschaftlichen Ausrüstungen“ aus Uruk um die 3100 v. Chr. schätzt Oates (1979: 197). Es brauchte eine Autorität, die standardisierte, wie Schulden auf dem Herrschaftsgebiet dokumentiert und beglichen werden. 

Frühe Tontafel, auf der die Zuteilung von Bier dokumentiert ist, wahrscheinlich aus dem Südirak, Spätprähistorische Zeit, 3100-3000 v. Chr. im British Museum. © BabelStone

Diese Standards wurden laut Randall Wray wahrscheinlich während der Entwicklung der herrschenden Tempel und Palastbesitzer geschaffen. Mit der Zeit wurden die Abgaben standardisiert und zu den ersten Zahlungsmitteln (mina, shekel, lira, pound), die später auch von privaten Steuereintreibern eingesammelt werden konnten.

„Alles deutet darauf hin, dass der gemeinsame Ursprung von Geld, Schulden und Schrift in den Steuerabgaben der Paläste liegt.“

Wray (2000)

Tontafeln als Quittung

Totafel mit Tonhülle aus Mesopotamien im Michael C. Carlos Museum. © Gary Todd

Damit die Menschen später nachweisen konnten, dass sie bereits eingezahlt hatten, erhielten sie eine Quittung in der Form einer Tontafel (shubati, was so viel wie „eingegangen“ bedeutet). Viele dieser Tontafeln wurden in den Tempeln aufbewahrt. Andere wurden mit einer äußeren Tonhülle versiegelt und umhergereicht. „Eine Schuld konnte gelöscht und Steuern gezahlt werden, indem man eine Tafel vorlegte, auf der die Schuld eines anderen vermerkt war, woraufhin die Hülle, unter der die gelöschte Schuld vermerkt war, aufgebrochen werden konnte, um die Schuldverhältnisse zu überprüfen.“ erklärt Wray. 

Girobanken in Ägypten

„Es ist allgemein bekannt, dass die Geschichte des Geldes fast 3000 Jahre älter ist als die der Münzprägung.“

Pavlina R. Tcherneva

Aus Ägypten stammt das älteste uns bekannte Steuersystem. Seit der ersten Dynastie des Alten Reichs vor rund 3000-2800 v. Chr. erhoben die Herrscher in Ägypten Steuern. Sie verlangten entweder Abgaben von meist 10 % der Ernte (Tithe) oder Zwangsarbeit (Corvée) von denen, die zu arm waren, um etwas abzugeben.

© H. G. Wells

Auch in Ägypten wurde die Getreideernte oft zentral durch staatliche Lagerstätten organisiert — wie in vielen Teilen der Welt. Da die Herrscher schon früh begannen, mit Münzen und Metallen zu haushalten, wurden die schriftlichen Belege der Einlagerung in Lagerstätten dafür verwendet, um am Abrechnungstag nachzuweisen, dass die Schulden bereits beglichen sind.

Diese Belege konnten also genutzt werden, um Steuern zu entrichten und waren deshalb begehrt. Sie konnten auch verwendet werden, um andere Schulden zu begleichen. Es waren im Reich allgemein akzeptierte Kredite und übertragbare Schulden — somit waren die Belege Geld, ein allgemeines Zahlungsmittel. Dies musste nicht über die physischen Belege der Lagerstätten (die wie Banken funktionierten) geschehen: Vermögen, oder Getreide, wurde von einem Konto auf ein anderes übertragen — ohne dass es durch die Hände der Parteien fließen muss, betont der Ägyptologe Rostovtzeff (1941: 1285). 

Dieses Girobankensystem bot Sicherheit: „Das System, seine Schulden über die Bank zu begleichen, hatte den zusätzlichen Vorteil, dass die Transaktionen offiziell aufgezeichnet wurden und somit im Falle eines Rechtsstreits wichtige Beweise vorgelegt werden konnten“. „Dieses System der Lagerhausbanken erreichte seinen Höhepunkt an Perfektion und geografischer Ausdehnung im ägyptischen Reich der Ptolemäer (323-30 v. Chr.)“ und besaß sogar eine Art Zentralbank in Alexandria „wo die Hauptkonten aller staatlichen Getreidebanken erfasst wurden“ (Davies 2005: 52, 54).

Für Heichelheim steht fest: „Nahezu alle diese Formen von Bankgeschäften gab es bereits im dritten Jahrtausend v. Chr.“ (1958, II, 134).

Lesen Sie noch mehr über die Entstehungsgeschichte des Geldes.

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